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Seit einem Jahr gibt es jetzt die AIR-Initiative (Artificial Intelligence Regensburg). Seit dem Beginn ist das IT-Sicherheitscluster e.V. in Person unseres Kollegen Dr. Matthias Kampmann mit dabei und inzwischen einer der Core-Partner des Projekts.

Das Projekt bietet zahlreiche Möglichkeiten zur Beteiligung. Wenn Sie mehr erfahren möchten, finden Sie hier weitere Informationen und den Kontakt zu Dr. Kampmann.

Judith Strußenberg sprach mit Dr. Matthias Kampmann über den bisher zurückgelegten Weg, die Chancen für Regensburg und darüber, warum unser Kollege die KI auch ganz persönlich sehr faszinierend findet.

1.) Ein Jahr AIR Initiative in Regensburg, was ist dein Zwischenfazit? 

AIR als Initiative bietet einen großen Spielraum, selbstorganisiert Veranstaltungen aufzusetzen. Ich konzentriere mich daher am besten auf das, was ich für das IT-Sicherheitscluster verantworte: Wir haben am 21. Januar einen Workshop zum Thema KI und Cybersecurity durchgeführt. Professor Dr. Christoph Skornia hat einen absolut hörenswerten Einstiegsvortrag gehalten und uns sowohl von der KI-basierten Bedrohungslage als auch von den darin schlummernden Abwehrtechnologien berichtet. Das war umfangreich, aber es hat auch mir als Nicht-Informatiker einen vertiefenden Einblick geboten. Danach diskutierten wir, und es kristallisierten sich zwei große Themenbäume heraus: Anomalieerkennung und automatisierte Schwachstellenanalyse. 

1 a) Und wie ging es dann weiter? 

Eins der Kommunikationstools, die wir in AIR nutzen, ist Slack. Dort habe ich dann erst einmal einen Channel angelegt. Derzeit machen 14 Teilnehmer:innen mit. Ich möchte das gern verstetigen. Vielleicht ergeben sich Geschäftskontakte zwischen den Firmen. Vielleicht können wir Projektideen für Förderanträge generieren. Mal sehen, was daraus wird. Es hat sich auf einen anderen Impuls hin schon vorher die Working Group “Kausale Inferenz” gebildet. Dort tauschen sich regelmäßig um die 30 Teilnehmer:innen aus. Die haben gerade ein eigenes Wiki aufgesetzt. Das geht auf das Engagement von Dr. Maike Stern und ihren Mitarbeiter:innen bei Osram zurück. Allein daran erkennt man, dass AIR nun ein Anziehungspunkt für Wirtschaft und Wissenschaft ist. 

Die AIR-Initiative geht auf den Impuls der Wirtschaftsförderung der Stadt Regensburg und vor allem Dr. Tjorben Bogon, KI-Spezialist, zurück. Philipp Berr vom Wirtschaftsdezernat betreut uns hier exzellent und ist einer der Treiber, die AIR nach vorn bringen. Wir haben nun ein Logo, die Webseite geht bald an den Start und die Hochschulen vernetzen sich noch stärker mit den Unternehmen. Gemeinsam arbeiten an einer Reihe von KI-Themen und treten nun auch in den Wettbewerb um Fördergelder an. Da geht es um Kernthemen, die KI zuschneiden auf Regensburger Verhältnisse: etwa Smart Data statt Big Data. Das macht aber in keiner Weise am Ostentor Halt, vielmehr können die Akteur:innen Konkretisierungen von Fragestellungen entwickeln, die sich dann überall vermarkten lassen. Da ist der Data Hub als eine Säule der Absichtserklärung, die wir gegeben haben. Die übrigens hat der Wirtschaftsausschuss als Grundlage den Auftrag gemacht, ihn zu realisieren. Vielleicht wird daraus ein Regensburger Datenmodell. 

Wir als Cluster gehen übrigens nun in die Projektleitung bei der Bewerbung um ein Fördervorhaben. Dazu kann ich gerade nur sagen, dass es das Rückgrat unseres Data Hub werden wird: technisch wie rechtlich. Dr. Bogon wird dieses Projekt aktiv für uns betreuen. 

2.) Bei der Entwicklung von Künstlicher Intelligenz muss Sicherheit von Anfang an mitgedacht werden, deshalb ist auch das IT-Sicherheitscluster e.V. dabei. Wie engagiert sich das Cluster in der Initiative? 

Ich darf das Cluster in AIR vertreten, und ich engagiere mich für unsere Mitglieder im so genannten Core-Team. Koordiniert wird dies von unserem Beirat Philipp Berr. Hier legen wir die Strategie fest, um möglichst große Erfolge zu erzielen. Mit dabei sind die R-Tech, aber auch OTH und Uni, der BioPark, die Strategische Partnerschaft Sensorik und KI-Unternehmen, etwa Tiki sowie der landesweit aktive Industrieverein Bayern für Angewandte Künstliche Intelligenz e. V. (IBaKI). Dieses Jahr wird sicher entscheidend für AIR. Den Unternehmen müssen wir attraktive Angebote machen können, damit sie sehen, dass sich ein Engagement in AIR rentiert. Und für uns als Cluster sehe ich hier herausragende Vernetzungsmöglichkeiten. KI ist doch ein Feld, das in Zukunft immer mehr Bedeutung erhalten wird. Ich erlebe in AIR einen echten Drive und freue mich, dass bisher schon eine solche Resonanz auch seitens des Clusters gekommen ist. Und immer wieder führe ich Gespräche mit Unternehmen aus der IT-Sicherheit, die über Dritte auf AIR und das Cluster gestoßen sind. Somit können wir die politische Agenda der Digitalisierung auf der Ebene der Querschnittsthematik IT-Sicherheit erfüllen.  

3.) Welche Chancen siehst du mit der AIR-Initiative für Regensburg? 

Regensburg hat ungeheures Potenzial. Die Überschaubarkeit der Stadt und ihrer Player ist geradezu prädestiniert für gestaltendes Miteinander. Wir haben High Tech, aber auch, das muss man realistischerweise sagen, noch keinen Leuchtturm wie das Karlsruher Institut für Technologie oder das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) in Saarbrücken. Genau deswegen finde ich AIR als Initiative wunderbar, weil es bestehende Akteure im besten Fall zueinander bringt. Es muss nicht darum gehen, den 170. Klonierungsversuch eines Massachusetts Institute of Technology anzugehen. Wir sagen bewusst: Wir haben Akteure, und es gilt, die Schnittmengen ihrer Interessen zusammen zu bringen. Dann kann man gemeinsam in der so genannten Triple Helix, also in einem Verbund aus Stadt, Wirtschaft und Hochschulbildung, einen Zusammenhalt für und in der Region bilden. Wir haben hier die einmalige Möglichkeit, aus der Region etwas ganz Eigenständiges zu entwickeln, das sich nicht an KI made in USA oder China, an AWS oder Ali Baba orientiert. Wir gehen außerdem den europäischen Weg im Bekenntnis zur DSGVO sowie in Bejahung von Initiativen wie GAIA-X. Wir sind der Überzeugung, dass sich auf diesem Weg hervorragend wirtschaften lässt. Aber wir sind eben anders als reine Plattformindustrien, die in erster Linie mit einem umsatzoptimierenden Mindset unterwegs sind. 

4.) Wo siehst du ganz konkrete Anwendungsfälle für KI? 

Hierzu lasse ich einmal den Human Factor außer Acht. Awareness ist Menschensache. Wenn wir nicht müde werden, stets zu betonen, welch wichtiger Aspekt dies etwa beim Einsatz von ISIS12 ist, adressieren wir nicht diese technisch-technologischen Fragestellungen, mit denen ich etwa in AIR das IT-Sicherheitscluster vertrete. Daher hier ein paar Fragen. In Wirklichkeit ergänzen sie ja nur unser Paket: Wie kann ich maschinell etwa Schwachstellen in Systemen finden, bevor sie ausgenutzt werden? Setze ich dazu Reverse Engineering der Ransomware ein? Wie erkenne ich bösartige Prozesse, die bislang unbemerkt im Hintergrund schlummern? Wie kann ich die vielen, täglich neu auftauchenden und maschinell erzeugten Malware-Varianten erkennen, um sie zu isolieren – noch bevor jemand auf eine Ransomware in einer Spearphishing-E-Mail klicken kann? Wir identifiziere ich Botnetze, bevor sie zur DDoS-Attacke blasen? Wie verhindere ich KI-gesteuertes Erkennen von Verhaltensmerkmalen etwa durch Tippmuster von Anwender:innen? Was kann maschinelles Lernen mit Blick auf NetzwerkMonitoring? Welche Rolle kann KI in Forensik oder Risikobestimmung spielen? Ich weiß gar nicht, wo ich aufhören soll. Das ist alles unglaublich aufregend und spannend. Und hier gilt die alte Sicherheitsregel: Die Datenschützer rennen immer hinterher, heißt: Die Bedrohungen werden zukünftig sehr stark durch Methoden der KI bestimmt und daher immer gefährlicher. 

5.) Was fasziniert dich persönlich am Thema Künstliche Intelligenz? 

Ach je, also weniger der futuristische Aspekt oder die alte Frage, die bereits der Turing Test gestellt hat. Wann wir nicht mehr zwischen Mensch und Maschine unterscheiden können, interessiert mich selbst nicht. Das kenne ich als ScienceFictionAfficionado schon ewig. Nein, es geht schlicht und ergreifend um das neue Computing-Paradigma, das einen Grad von Automatisierung erlaubt, der aus Mangel an Rechenpower in der Zeit von Joseph Weizenbaum nur auf dem Papier Gestalt annahm. Und natürlich meine Abneigung gegen diese widerwärtigen Bedrohungen unserer Gesellschaft und Ökonomie durch Cybercrime oder -terror. Da bin ich ganz idealistisch. Sollte ich ins Schwärmen geraten sein, ist das nicht verkehrt. AIR ist Bewegung. Ich bleibe da gern fürs Cluster in Schwung.