Die bayerische Staatsregierung tituliert mit „Zukunftskommission 5.0“ den umfänglichen Erwerb von Microsoft-Diensten bzw. entsprechenden Lizenzen. Dazu erklärt ein Offener Brief den Standpunkt von IT-Unternehmen aus dem Freistaat, was das bedeutet. Es gibt eine Reihe problematischer Kontexte, etwa keine Ausschreibung durchzuführen. Ferner kauft die Landesregierung an der gegenwärtigen Debatte um digitale Souveränität vorbei und prüft nicht hinreichend, ob es Alternativen gibt und welche Risiken das Geschäft etwa hinsichtlich der Anwendung des Cloud Acts für die deutsche, aber auch europäische Wirtschaft in sich birgt. Ferner werden Sicherheitsrisiken, wie sie durch Software-Monokulturen entstehen, nicht bedacht, und selbst offene Fragen hinsichtlich einer Konformität mit der DSGVO werden nicht hinreichend bei der bevorzugten Behandlung des US-amerikanischen Softwareunternehmens bedacht. Sogar die ZDF Heute-Show hatte am 17.10.2025 die gefährliche Einseitigkeit der deutschen Verwaltungs-IT im Programm.
2025-10-25_OffenerBrief_FINAL_Zur_Mitzeichnung_eVWir vom IT-Sicherheitscluster e. V. haben uns der europäischen Verantwortung für einen souveränen, auf regelbasiertem Miteinander Staatenbund gestellt und sind in der vergangenen Woche aus dem Vendor Lockin durchaus mit Reibungsverlusten ausgetreten. Angesichts der Erfolge anderer Bundesländer und verfügbarer Software wie etwa OpenDesk des Zentrums für Digitale Souveränität, die mittlerweile auf mehr als 100 000 Systemen der deutschen Verwaltung installiert wurde, ist die Entscheidung der bayerischen Regierung nicht nachvollziehbar.
Daher ist es wenig verwunderlich, wenn sich bayerische Softwareunternehmen beschweren: Die Entscheidung, über fünf Jahre fast eine Milliarde Steuergelder ungeprüft in die USA zu „exportieren“, sei ein Schlag ins Gesicht der Wirtschaft im Freistaat. Von den geplanten 187 Millionen pro Jahr komme nichts in Bayern an. Der Freistaat werde eine „zentrale Bezugsmöglichkeit“ für Microsoft 365 schaffen, die komplett aus Microsofts Azure-Cloud komme, ohne Wertschöpfung für lokale Unternehmen, ohne Arbeitsplätze in Bayern zu schaffen und ohne Partizipationsmöglichkeiten für KMU, Mittelstand oder große, erfolgreiche bayerische Unternehmen. Und all das für den Preis eines allgegenwärtigen Kill-Switches für US-Geheimdienste, den Microsoft-Konzern und die US-Regierung.
Während sich mittlerweile viele Körperschaften öffentlichen Rechts, Institutionen, NGO und NPO darum bemühen, aus unwägbaren Abhängigkeiten zu befreien, sperrt sich der Freistaat freiwillig tiefer und tiefer ein – warum? Selbst gibt er in internen Unterlagen zu, Datenschutzprobleme seien noch nicht gelöst, die Rechtslage zwischen den USA und Europa unlösbar widersprüchlich. Ein Alternativszenario für den Fall, dass fremde Mächte den Ausschalter betätigen, sieht die Zukunftskommission nicht vor.
„Diese Entscheidung zementiert die Einstellung, die uns Tag für Tag im Gespräch über Informationssicherheit begegnet: Microsoft-Produkte seien alternativlos“, erklärt Dr. Matthias Kampmann, Geschäftsführer des IT-Sicherheitsclusters. Das habe mit Wahlfreiheit für Marktbegleiter oder eben für Kunden nichts mehr zu tun. Jahrzehnte wäre Interoperabilität verhindert und aus monopolisierender Gewinnerzielungsabsicht ausgeschlossen worden. Dass ferner Microsoft seinen Beitrag zum Überwachungskapitalismus (Shoshana Zuboff) leistet, sei nicht von der Hand zu weisen. Matthias Kampmann fasst zusammen: „Es gibt sehr viele gute Gründe, gemäß dem Prinzip ‚Public Money – Public Code‘ in der Verwaltung und unseren demokratisch legitimierten Organen zu wirtschaften. Denn was wird die Folge dieser fünf bleiernen Jahre sein? Eine innovationsfeindliche Lage, die durch eine so mächtige Investition geschaffen wird. Wo ist da der Anreiz für bayerische, deutsche oder europäische Softwarehersteller, sich betriebswirtschaftlich sinnvoll zu engagieren? Deswegen unterstützen wir alle, die sich für eine digital-souverän aufgestellte Öffentlichkeit einsetzen.“
Download des offenen Briefs.

